Studie:
Geldwäsche-Paradies Österreich

VON HELMUT HETZEL UND MARTIN KUGLER (Die Presse) 14.04.2006

Brisante Studie. Österreich so attraktiv wie Cayman Islands. 48 Milliarden US-Dollar. So viel Geld wird in Österreich weiß gewaschen. Die Polizei geht jährlich 1500 Meldungen nach.

Laut Studie werden weltweit pro Jahr bis zu 2800 Mrd. Dollar (2350 Mrd. Euro) an Schwarzgeld weißgewaschen. | (c) Die Presse

Laut Studie werden weltweit pro Jahr bis zu 2800 Mrd. Dollar (2350 Mrd. Euro) an Schwarzgeld weißgewaschen. | (c) Die Presse

DEN HAAG/WIEN. Österreich ist für Geldwäscher eine Top-Destination. Eine niederländische Studie kommt zu dem Schluss, dass nur Luxemburg, die Bermudas und die Schweiz attraktiver sind, um illegales Geld weißzuwaschen. Alarmierend ist dabei die Tatsache, dass Österreich für Schwarzgeld gleich attraktiv ist wie das "Offshore-Paradies" Cayman Islands.

In den Spitzenrängen liegen auch noch EU-Staaten wie Belgien, Frankreich, Deutschland oder die Niederlande, deren Finanzminister die Studie bei der renommierten "Utrecht School of Economics" in Auftrag gegeben hat.

Studienautorin Brigitte Unger hat in den Attraktivitäts-Index viele Maßzahlen einfließen lassen. Der ungünstige Wert für Österreich ergibt sich daraus, dass es ein hoch entwickeltes und effektives Banksystem mit strengem Bankgeheimnis gibt, sowie aus der geografischen Lage und der engen wirtschaftlichen Verflechtung mit den mitteleuropäischen Ländern.

Laut Studie werden weltweit pro Jahr bis zu 2800 Mrd. Dollar (2350 Mrd. Euro) an Schwarzgeld weißgewaschen. Diese Zahl wird von Experten als eher überschätzt eingestuft. Sie liegt aber im Rahmen der Schätzung des Internationalen Währungsfonds, wonach zwei bis fünf Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung illegal entstehen.

Die Experten errechnen die Höhe des Schwarzgeldes aus Kriminalitätsstatistiken. Jedes Verbrechen, etwa Drogenhandel oder Prostitution, wird bewertet. Knapp die Hälfte des Schwarzgeldes entsteht in den USA, gefolgt von Italien, Russland, China und Deutschland. Österreich liegt mit 20 Mrd. Dollar auf Rang 15.

Mithilfe des Attraktivitäts-Index und der Enge von wirtschaftlichen Beziehungen wird ermittelt, wie viel Schwarzgeld in einem Land gewaschen wird (siehe Tabelle). Auch hier führen die USA, gefolgt von den Cayman Islands, Russland und Italien. In Österreich (Rang 17) werden laut Studie jährlich 48 Mrd. Dollar gewaschen. Österreich hält damit einen Weltmarktanteil von 1,7 Prozent.

Die Schätzungen aus der neuen niederländischen Studie sind wesentlich höher als alle anderen Untersuchungen. Letztere beruhen allerdings auf konkreten Verdachtsfällen und Verurteilungen. Im Finanzministerium will man die Zahlen der Utrechter Studie nicht kommentieren. "Es ist eine gute Studie", konzidierte eine Expertin für Geldwäsche im Gespräch mit der "Presse".

Die Untersuchung befasst sich auch mit der niederländischen Realität - die von der österreichischen nicht allzu stark abweichen dürfte. In Holland sind demnach 20.000 Menschen damit beschäftigt, die offiziellen Meldestellen zu umgehen, indem sie Schwarzgeld-Beträge unter 20.000 Euro in den "weißen" Geldkreislauf einschleusen. Ähnliches gelte für die anderen europäischen "Waschanlagen" Luxemburg, Schweiz und Österreich, heißt es in der Studie.